GROßER ABEND FÜR DIE RETTER VON ÜBERMORGEN

Es herrscht emsiges Gewusel im und vor dem Gredinger Feuerwehrhaus. Denn nun wird es ernst: Es gibt eine echte Feuertaufe für die 23 Mädchen und Buben der hier im September des vergangenen Jahres gegründeten Kinderfeuerwehr. Sie alle sollen zum ersten Mal ein Leistungsabzeichen erhalten: die sogenannte Kinderflamme, liebevoll auch „Flämmchen“ genannt. Nicht nur für sie eine Premiere, sondern auch für die gesamte Großgemeinde.

Eigentlich eine Prüfungssituation, aber den damit einher gehenden psychischen Druck will keiner der Verantwortlichen aufbauen. „Es ist eher wie eine Olympiade“, sagt Maria Dienstbier während der Vorbereitungen des Abzeichenparcours. Und so ganz ungewohnt ist die Situation ja auch nicht. „Die Kinder haben schon den Streichholz-Führerschein absolviert“, erzählt die Co-Leiterin der Nachwuchswehr mit Mitgliedern im Alter von sechs bis zwölf Jahren.

Dienstbier freut sich über den großen Andrang auf das Angebot: „Viele stehen auch schon auf einer Warteliste.“ Die könnte in der Zukunft noch länger werden. Denn nicht nur die Ehefrau des Vizekommandanten Tobias Dienstbier hat seit der Gründung ein Kind zur Welt gebracht. Sondern auch Martina Löchl, Leiterin der Kinderwehr und Gattin von Kommandant Emanuel Löchl. Ihr dreimonatiges Töchterlein Sophia ist bei der Flämmchen-Veranstaltung im Tragetuch sogar mit dabei.

Über soviel Engagement in mehrerer Hinsicht kann sich auch Melanie Flierl begeistern, die als Kreisbrandmeisterin unter anderem für die 16 Kinderfeuerwehren im Landkreis zuständig ist. „Ihr braucht nicht aufgeregt zu sein, ihr habt ja sehr gut geübt“, ruft Maria Dienstbier in die Runde und erklärt erst einmal, warum so viele Leute im blauen Anzug den Schulungsraum bereichern. „Das ist unsere Dienstkleidung für feierliche Anlässe wie heute“, bekräftigt Emanuel Löchl.

Wie bei den Großen: Schiedsrichter prüfen

Als die Verantwortlichen davon sprechen, dass sie für die Abzeichenabnahme Schiedsrichter eingeladen haben, erklingt ein einmütiges „Oh nein!“ im Saal. In drei Altersklassen geht es kurz darauf an die Bewältigung des jeweiligen Parcours. Bei den Jüngsten stürmen Freddy, Henri, Kilian und Vinzenz los. Zuerst gilt es zu bestimmen, was so ein echter Feuerwehrmann beim Einsatz braucht – und was nicht. Schnell haben die vier Jacke, Handschuhe und den richtigen Helm zusammen. „Aber der Fahrradhelm wäre eigentlich besser, da kann man schnell wegradeln“, erklingt es scherzhaft aus einem Kindermund. Die richtige Portion Humor für einen Floriansjünger bringen die Flämmchen also durchaus mit.

Auch beim Geschicklichkeitslauf bewährt sich das Quartett und steuert nach einem echten Balanceakt die Wasserbecher sicher ins Ziel. Derweil rast eine weitere Gruppe an den Jungs vorbei: Sie hat es auf die begehrte Löschübung abgesehen. Mit Feuerwehrspritzen werden dabei Tennisbälle von Verkehrspylonen bugsiert, was erstaunlich gut und sehr schnell gelingt.

Neben dem Schulungsraum dann der Schock – Maria Dienstbier scheint sich verletzt zu haben. Doch die „klaffenden Wunden“ am Unterarm sind nur aufgemalt. Sie sollen versorgt werden. Vinzenz macht sich mit Feuereifer dran. „Das Pflaster müsste passen“, sagt er – und recht hat er. Auch Erste Hilfe muss ein Rothelm beherrschen – die stabile Seitenlage ist deshalb im praktischen Teil gefragt.

In der Theorie gibt es etwa Fragen zum Verbrennungsdreieck. Bestehend aus Brennstoff, Wärme und Luft. Fehlt eines der drei, brennt auch nichts. Was die Kinder natürlich wissen und sich deshalb zurecht auf die Pizza freuen dürfen. Begeistert ist auch Kreisbrandrat a. D., Werner Löchl. Im Feuerwehrnachwuchs seien alle Gesellschaftsschichten vertreten. „Und es gehen jetzt viele Eltern zur Wehr, weil die Kinder dabei sind“, sagt er. Vor der Gründung der Kinderwehr habe es zwar auch mal „ein paar Bedenken“ gegeben; „Doch dann haben die Mütter angefangen, den Stein ins Rollen zu bringen“, lobt er sie.

Für einen Lacher sorgt Landrat Ben Schwarz (SPD) bei der Übergabe von Urkunde und Anstecker, bei der sich die Kinder mit den Offiziellen so richtig abklatschen dürfen. „Ich hab dich auf Plakaten gesehen“, erkennt ein Junge den Wahlkämpfer von einst. „Ja, ich bin ziemlich lange herumgehangen“, entgegnet der Landrat schmunzelnd. Ganz ernst aber fügt er hinzu: „Toll, dass es so junge engagierte Menschen wie euch gibt!“ Und er will wissen, ob denn eineinhalb Stunden für eine Gruppenstunde nicht recht lang sind? „Nein!“ tönt es ihm entgegen. „Das wollte ich hören, dann weiß ich, dass es euch Spaß macht“, so Schwarz.

Übung von klein auf macht den Meister

„Ich bin total stolz auf euch“, bekundet Bürgermeister Manfred Preischl (FW). „Die Feuerwehr, die jetzt noch zum Löschen geht, wird einmal von euch abgelöst“, blickt er in die Zukunft. Damit das gelingen könne, brauche es viel Übung: „Gut, dass ihr jetzt schon damit beginnt. Und so lange weitermacht, bis ihr bei den Großen seid.“

Als Dank und zur Motivation zahlt die Stadt die Pizza. Und nicht nur die, sondern auch die der nächsten Flämmchen-Prüfung in zwei Jahren. Sagt der Rathauschef, bevor Kreisbrandrat Christian Mederer noch einmal Grundwissen abfragt. „Welche Nummer wählt ihr, wenn ihr die Feuerwehr braucht?“ Es kommt aus allen Mündern wie aus der Pistole geschossen: 112. Und wenn die gewählt ist, kommen irgendwann auch die jetzigen Abzeichenträger, denn die haben „alle hervorragend bestanden“, wie Emanuel Löchl schließlich erfreut mitteilt. Die Lebkuchen und der Kinderpunsch, die darauf die Runde machen, haben sich alle redlich verdient.

Text: Jürgen Leykamm für den Hilpoltsteiner Kurier, Ausgabe Nr. 269 - Mittwoch, 22. November 2023